Der europäische Weizenmarkt steht vor einer herausfordernden Situation. Nach einem enttäuschenden Weizentender in Ägypten und anhaltend niedrigen Preisen aus Russland gerieten die Weizenpreise an der Matif weiter unter Druck. Obwohl die globalen Weizenendbestände laut USDA auf einem 17-Jahres-Tief liegen, scheint der Markt dies zu ignorieren. Innerhalb der EU entwickelt sich der Markt derzeit unterschiedlich, was den Druck auf die Preise weiter verstärkt.
Enttäuschender Ägypten-Tender:
Der jüngste Ägypten-Tender war für den Weizenmarkt eine herbe Enttäuschung. Ägypten hatte angekündigt, 3,8 Millionen Tonnen Weizen zu kaufen, vergab jedoch Zuschläge nur für 280.000 Tonnen – weniger als 10 % der ursprünglich geplanten Menge. Gerüchten zufolge kaufte Ägypten außerhalb des Tenders 1,8 Millionen Tonnen Weizen aus Russland, was die Marktteilnehmer schockierte. Es scheint, als ob die hohe Nachfrage und die darauf folgende Ablehnung eine bewusste Marktmanipulation darstellten. Ein weiterer Faktor könnte das lange Zahlungsziel von 270 Tagen sein, das möglicherweise nicht die gewünschten Zielpreise des GASC (General Authority for Supply Commodities) brachte.
Auswirkungen auf die Matif-Preise:
Die Weizenpreise an der Matif verzeichneten gestern erneut einen Rückgang und fielen auf das Niveau von Ende März. Die Situation auf dem europäischen Markt ist derzeit durchwachsen. In Frankreich ist die Weizenernte fast abgeschlossen, jedoch bleiben sowohl die Erträge als auch die Qualität hinter den Erwartungen zurück. Trotz der niedrigsten weltweiten Weizenendbestände seit 17 Jahren (ohne China) ignorieren die Händler diese Entwicklung, solange Russland den Markt mit billigen Exporten dominiert.
Unterschiedliche Marktbedingungen innerhalb der EU:
Innerhalb der EU zeigen sich deutliche Unterschiede in der Marktentwicklung. In Frankreich könnte Futterweizen aufgrund der niedrigen Qualität des Ernteweizens als Ersatz für Mais in Betracht gezogen werden. Es wird erwartet, dass Frankreich in dieser Saison erhebliche Mengen an Qualitätsweizen zukaufen muss, um den Bedarf zu decken. Die Exporte aus der EU liegen aktuell unter dem Vorjahresniveau. Allerdings sind die Exportzahlen aus Frankreich in der Bilanz nicht korrekt erfasst, was die Analyse erschwert.
Kassamarkt und Verkaufsstrategien der Landwirte:
Ein Blick auf den Kassamarkt zeigt, dass die Preise fest notieren. Die Landwirte haben offensichtlich genügend Lagerkapazitäten, sodass sie nicht gezwungen sind, sofort nach der Ernte zu verkaufen. Bei den aktuellen Preisen würden viele Verkäufe unter den Vollkosten erfolgen, was zu Verlusten oder bestenfalls zu einem Nullsummenspiel führen würde. Daher zögern viele Landwirte mit dem Verkauf und warten auf bessere Marktbedingungen.
Der Weizenmarkt befindet sich in einer angespannten Lage. Der enttäuschende Ägypten-Tender und die Dominanz Russlands auf dem Weltmarkt setzen die Preise unter Druck. Innerhalb der EU zeichnet sich ein differenziertes Bild ab, wobei insbesondere Frankreich mit Qualitätsproblemen und unklaren Exportzahlen zu kämpfen hat. Der Kassamarkt zeigt, dass die Landwirte aktuell nicht unter Verkaufsdruck stehen und auf bessere Preise hoffen. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Marktbedingungen in den kommenden Wochen entwickeln werden.