Gut versorgt

Zuletzt sorgte die Trockenheit im Juni/Juli in Südeuropa und in Teilen Osteuropas für Nervosität am Braugerstenmarkt. Die Bestände in Skandinavien und im Vereignigten Königreich entwickelten sich demgegenüber sehr gut. Die Kommission schätze Ende Juni die EU-Gesamtgerstenernte für 2017/18 auf 57,5 Mio. t weniger als 2016. Dies ist somit in beiden Fällen niedriger als im Vorjahr. Jedoch führen deutlich bessere Selektionsraten als in der Vorsaison zu höheren Braugerstenmengen in der EU. Die Sommerbraugerste sehen die Schätzer von Strategie Grains für die kommende Saison mit 8,65 Mio. t rund 600.000 t höher als im Vorjahr. Die Winterbraugersten-Produkti­ on liegt bei knapp über 4 Mio. t und damit um 1,5 Mio. t höher. Das Angebot an brau­ fähiger Ware wird also EU-weit deutlich besser als in der Vorsaison bewertet. So wird 2017/18 mit einem Braugersten-Überhang in der EU von 2,2 Mio. t gerechnet, während 2016 nahezu keine Braugerste zu viel war. Braugerste scheint demnach EU-weit mehr als ausreichend vorhanden zu sein und auch im Exportmarkt kann die EU nach dem Aussetzen letzte Saison wieder mitmischen.

Das Bild zeigt sich jedoch in den wichtigsten EU-Anbauländern Frankreich, Deutschland, Dänemark, Vereinigtes Königreich (UK) und Tschechien differenzierter. Frankreich ist der größte Gerstenanbauer der EU. Es wird eine Gesamtgerstenernte von 12 Mio. t erwartet. Hiervon entfallen auf Sommergerste 2,6 Mio. t, also 23 Prozent über dem schlechten Vorjahreswert. Gründe sind die Ausdehnung der Anbaufläche, aber auch bessere Bel dingungen als in der Vorsaison. Die Druschergebnisse der Wintergerste deuten auf zufriedenstellende Qualitätswerte hin, jedoch ist der Proteingehalt etwas höher als normal.

Franzosen trumpfen auf

Die Befürchtung, dies könne sich auch in der Sommergerste fortsetzen und so die Selektionsraten für Braugerste reduzieren, bestätigte sich bisher nicht. Die Anfang Juli stark schwankenden Braugerstenprei­se waren der Nervosität im Zuge der ersten Druschergebnisse in Frankreich geschul­det. Bei den angesetzten Selektionsraten stehen an braufähiger Sommergerste 1,71 Mio. t zur Verfügung, ein Plus von 0,6 Mio. t; an braufähiger Wintergerste stehen mit 2,8 Mio. t gar 1,5 Mio. t mehr an. Damit ist Frankreich als größter An­ bieter bei Winter- und Sommerbraugerste nach dem Ausfall in der letzten Saison zurück im Markt. Deutschland wird als zweitgrößter Gerstenproduzent in der EU rund 10,7 Mio. t ernten. Der Sommergersten­ anteil liegt mit geschätzten 1,94 Mio. t leicht über dem Vorjahr. Dies ist der aus­ gedehnten Anbaufläche in diesem Jahr zu verdanken. Die Selektionsrate ist üblicher­ weise in Deutschland sehr hoch. So rech­net die Branche mit einer braufähigen Sommergerste von 1,23 Mio. t, ein Plus von 100.000 t. Trotzdem ist Deutschland ein Nettoimporteur für Braugerste. In die­ser Saison wird ein Importbedarf von knapp 0,8 Mio. t für Sommerbraugerste und 0,15 Mio. t für Winterbraugerste ge­schätzt. Die Qualitäten sehen bisher in Deutschland gut aus. Am Oberrhein ka­men die ersten Sommerbraugersten mit etwas hohen Proteinwerten in die Lager, das ist aber noch nicht repräsentativ. Deutschland erwartet also eine gute Brau­ gerstenernte und wird etwas weniger Im­ portbedarf haben als 2016.

Tschechien braucht Ware

In Tschechien zeigt sich ein anderes Bild, Die Gesamtgerstenernte wird aktuell 1,68 Mio. t geschätzt. Dies sind 7 Prozent weniger als im Vorjahr und ist vor allem der Vorsommertrockenheit geschuldet. Die Sommergerste macht hier einen Anteil von knapp über 1,22 Mio. t aus. Die Winter­ gerste geht komplett ins Futter, sodass nur Sommerbraugerste selektiert wird. Hier wird, wie im Vorjahr, mit einer Produkti­onsmenge von knapp über 0,52 Mio. t gerechnet. Aufgrund der stetig gestiegenen Inlandsnachfrage wird Tschechien dieses Jahr rechnerisch keine Ware für den Export zur Verfügung haben und selbst auf Im­ porte angewiesen sein. Dies ist vor allem für die grenznahen süddeutschen und ost­deutschen Mälzereien von Bedeutung. Die billige tschechische Braugerste der letzten Jahre dürfte dieses Jahr also weniger zur Verfügung stehen.

Dänemarkt: mehr Export

Dänemark erwartet eine Gesamtgersten­ ernte von 3,8 Mio. t, der überwiegende Teil davon ist Sommergerste. Hier sollen in der kommenden Saison 3 Mio. t zur Verfügung stehen. Die Selektionsrate liegt aber deutlich über dem Vorjahr, sodass Marktexperten mit einem höheren Angebot an braufähiger dänischer Sommergerste rechnen. So sollen 1,23 Mio. t zur Verfügung stehen, ein Plus von 0,1 Mio. t. Über die Qualitäten lässt sich hier noch keine Aussage treffen, da die Ernte später, im August/September, erfolgt. Da Dänemark über wenig eigene Malzka­ pazitäten verfügt, steht viel für den Export zur Verfügung. So sollen 0,92 Mio. t aus­ geführt werden können, fast 10 Prozent mehr als im Vorjahr. Dies ist auch für die deutschen Mälzereien relevant. Gerade die ostdeutschen Mälzereien, die stark aus Tschechien versorgt wurden, dürften ihr internationales Sourcing stärker auf Skan­ dinavien konzentrieren.

Nach einem guten Saisonverlauf steht im Vereinigten Königreich (UK) mehr Gesamtgetreide zur Verfügung als im Vor­ jahr. Der überwiegende Teil ist auch hier Sommergerste. Durch die Selektion sehen Schätzer die verfügbare Sommerbraugers­ tenmenge bei 1,87 Mio. t gegenüber 1,78 Mio. tim Vorjahr. Die Winterbrau­ gerste liegt bei 0,74 Mio. t, das sind rund 0,13 Mio. t mehr als 2016. Diese größere Produktionsmenge sorgt auch für ein grö­ ßeres Exportpotenzial aus UK für das eu­ ropäische Festland. So könnte das Land mit 0,72 Mio. t gut 200.000 t mehr ausfüh­ ren. Hiervon dürften auch norddeutsche und oberrheinische Mälzer profitieren.

EU bleibt gefragter Exporteur

Global dürfte das Angebot in der kommen­ den Saison kleiner ausfallen als in der Vor­ saison. Sowohl in der Ukraine als auch in Australien, Kanada und den USA wurden die Produktionsmengen trockenheitsbe­ dingt nach unten korrigiert. In Südameri­ ka wurde die Gerste für die kommende Saison erst im Juli ausgesät. Die Fläche im größten Anbauland Argentinien soll um 10 Prozent kleiner ausfallen. Global dürf­ te die Versorgung für Braugerste also eher knapp und die EU als Exporteur gefragt sein. Dies dürfte den Preisen zusätzlich Stabilität verleihen.

Noch sind die Aufgelder hoch

Das Preisniveau auf der Erzeugerebene liegt aktuell bei 175 bis 180 Euro/t ex Ern­ te franko Erfassungsbetrieb in Süd- und Westdeutschland. In Ostdeutschland dürf­ te der Markt rund 5 bis 8 Euro/t niedriger notieren. Der Termin ab Oktober wird mit einem Aufgeld von 10 Euro/t über dem Ex-Ernte-Preis besprochen. Die Fut­tergerste hingegen wird bei einem Erzeugerpreis von 115 bis 120 Euro/t Ex Ernte frei Erfasserlager angesiedelt. Wir haben damit für 2017/18 ein inte­ ressantes Bild. Die Gesamtgerstenernte wird in der EU kleiner ausfallen als im Vorjahr; die EU-Braugerstenernte soll je­ doch größer ausfallen. Dennoch sind die Prämien von Braugerste zu Futtergerste aktuell mit etwa 70 Euro/t sehr hoch. So könnten sich die Prämien im Laufe der Saison verkleinern, sollte die Ernte auch qualitativ gut eingefahren werden. Die Futtergerste wird also in Relation zur Brau- gerste teurer. Damit dürfte die Luft nach oben für Braugerste dünn sein. Jedoch kann der Gesamtgetreidemarkt den Gers­tenmarkt unterstützen. Denn von hier kommen aufgrund der weltweit kleineren Weizen- und Maisernte bullische Impulse. Die gute Verfügbarkeit von Braugerste dürfte aber dafür sorgen, dass die Brau­ gerste nicht im gleichen Maß von einer Befestigung des Gesamtmarkts und des Futtergerstenmarkts profitieren kann. Die globale Braugerstennachfrage sollte in der kommenden Saison anhaltend hoch sein. Die Erzeugerpreise lassen aktuell eine für viele Betriebe kostendeckende Kalkulation zu. Dies sollten Landwirte nutzen und Teil­ mengen vermarkten. Das spekulative Ein­ lagern könnte sich Stand jetzt als wenig lohnend herausstellen.

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Bauern als Kaufleute und Spekulanten

Vortrag: Experte Lars Kuchenbuch erklärt, welche Risiken an der Warenterminbörse auf Landwirte lauern Münchberg– Mit Interesse und vielfach ungläubigem Staunen nahmen die etwa 200 Mitglie­der der Raiffeisen-Trocknungs­ genossenschaft Münchberg und  Umgebung den Vortrag „Warenterminbörse eine Möglichkeit der Preissicherung auch für Landwirte” von Lars Kuchenbuch auf. Der Ge­schäftsführer von KS-Agrar GmbH, bei der Deutschen Bank zum Finanzassistenten ausge­bildet, kennt dieses Metier ge­nau. Als Abwickler bei Soufflet Negoce S.A. in Frankreich, bei der CGB in Mount Vemon (USA) sowie als Telefonhändler bei Tenco an der größten Wa­renterminbörse der Welt, der Chicago Board of Trade (CBoT), kennt er alle Unwägbarkeiten bei diesem Geschäft genau. Fast rund um die Uhr wird an den Börsen- weltweit mit Weizen und Soja gehandelt. Allein in Chicago werden im Jahr 600 Millionen Kontrakte mit jeweils Hundert Tonnen pro Kontrakt gehandelt. Das er­rechnete Handels-volumen be­trägt hier 60 Milliarden Ton­nen, bei einer Weltproduktion von jährlich zwei Milliarden Tonnen Getreide und 400 Mil­lionen Tonnen Ölsaaten. ,,Dies bedeutet, dass die Welternte volumenmäßig 25 Mal gedreht wirdl”. Innerhalb eines Tages, so der Experte, gingen mehr als 1400 Meldungen aus dem Agrarbereich über den Ticker, viele von ihnen können zu Preisschwankungen führen. Gründe dafür seien die Freigabe der Märkte (weniger Staat, mehr Markt), die Zunahme der Produktivität in den ehemali­gen Oststaaten, Verschiebun­gen in der Angebots- und Nachfrage-Situation, geplanter Wegfall von Exporterstattungen, Veränderungen der lnter­ventionskriterien, die Nachfra­ge nach erneuerbaren Energien, Spekulationen von Marktteil­nehmern, Strukturveränderungen bei den landwirtschaftli­chen Betrieben, Investment­ banken als Anleger und nicht zuletzt die Wetterkapriolen, die in den vergangenen Jahren ständig zunahmen.  Dadurch, so der Referent weiter, seien auch die Marktpreise beein­ flusst worden. Am Beispiel des Brotweizens machte Kuchenbuch die Risiken für den Landwirt deutlich. In den vergangenen Jahren ha­be sich hier der Preis zwischen 100 und 120 Euro für eine Ton­ne bewegt. Bis Ende September stieg er auf 300 Euro an, um dann bis zum November wie­ der abzubröckeln. Die Meldung ,,in Argentinien könnten even­tuell Frostschäden zu Ernteaus­fällen führen” ließ den Kurs des Weizens wieder ansteigen. Des­halb müsse sich der Bauer fra­gen, ob er eventuell mJt 230 Euro verkauft, oder wartet, um dann eventuell mit 260 Euro verkaufen zu können und sich dann schließlich mit 180 Euro zufrieden geben müsse. ,,Der Bauer ist vom Tag des Saatgut­ kaufs bis zum Zeitpunkt des Verkaufs ein Spekulant”, so der Referent. Auch innerhalb der EU müs­se man sich jedes Jahr auf neue Warenströme einrichten. So hatten die Bauern in den neu­en Ländern befürchtet, dass die Polen mit ihrem EU-Beitritt ihren Markt mit Getreide über­ schwemmen würden, dann sei es aber ganz anders gekommen. ,,Die Polen kauften das Getrei­de in Deutschland.” Wie unberechenbar die Märkte seien, zei­ge die Tatsache, dass die USA dieses Jahr erstmals 25000 Tonnen EU-Weizen in Deutschland kauften. ,,So etwas hat es noch nie gegeben.” Der Landwirt müsse deshalb wie ein Kauf­mann denken, Preisrisiken ab­ sichern und das Gefühl für den richtigen Verkaufszeitpunkt ha­ben, sonst könne die Arbeit für ein ganzes Jahr umsonst gewe­sen sein.

Wackeln im Sturm

Wetterkapriolen und die Launen der Terminhändler lassen die Rendite einer Anlage in Agrarrohstoffe stark schwanken Wenn Anleger in Agrarrohstoffe investieren, liegen Freud und Leid oft nah beieinander. Wäh­rend der Preis für Zucker sich seit Jahres­anfang verdoppelt hat, sind Mais und Weizen nach zwischenzeitlichen Preis­ anstiegen rund 20 Prozent ins Minus ge­rutscht. Ungewöhnlich ist das nicht, die Preise für Agrarrohstoffe schwanken stärker als etwa Aktienkurse. Beispiel Mais: Bauern in den USA haben in die­sem Jahr offensichtlich deutlich mehr Mais angebaut, als die Märkte erwartet hatten. Außerdem verspricht die Wetterlage bislang gute Ernteerträge. Deshalb der Preisrutsch. Das Blatt könnte sich allerdings schon bald wieder wenden: ,,Ein Kälteeinbruch in den USA im Sep­tember würde die Ernte dezimieren und die Preise entsprechend steigen lassen”, sagt Carsten Fritsch, Rohstoffanalyst bei der Commerzbank. In wirtschaftlich unsicheren Zeiten empfehlen Anlageberater gern, Roh­stoffe als alternative Investments zu Aktien und Renten im Portfolio stärker zu gewichten. Gerade bei zunehmenden In­flationssorgen sollen Sachwerte das Vermögen vor Geldentwertung schützen. Neben klassischen Rohstoffinvestments wie Industriemetallen geraten dabei auch immer wieder Agrargüter ins Blickfeld. Dazu zählen Ausgangspflanzen für Grundnahrungsmittel wie Weizen, Mais, Raps und Soja. Hinzu kommen Genuss­ mittel wie Kaffee, Kakao und Zucker. Wer sich solche Rohstoffe ins Portfolio legt, kauft sich damit allerdings einen nervenaufreibenden Inflationsschutz ein. Und selbst wenn er die Achterbahn fahrt der Agrarpreise über längere Zeit durchhält, wird er nicht automatisch be­lohnt. Anleger, die etwa zu Beginn des neuen Jahrtausends in einen Korb aus Agrarrohstoffen investiert haben, liegen heute mit rund 30 Prozent im Minus. Wer zwei Jahre später eingestiegen ist, schreibt immerhin eine schwarze Null. Im selben Zeitraum haben die Preise von Industriemetallen um fast 200 Pro­zent zugelegt. ,,Dafür war vor allem der Strukturwandel in China verantwort­lich”, sagt Fritsch. Ähnliche strategische Szenarien entwerfen Anlageberater auch für die Agrarrohstoffe: Ein Anstieg der Weltbevölkerung bei gleichzeitig be­grenzten Anbauflächen könnte die Preise für Agrarrohstoffe steigen lassen. Hinzu käme ein wachsender Lebensstandard in den Schwellenländern mit einem größe­ren Bedarf an landwirtschaftsintensiven Produkten wie Fleisch und Milch. ,,Bis­ lang haben solche Entwicklungen die Preise auf den Agrarmärkten aber nicht nachhaltig steigen lassen. Daran dürfte sich kurzfristig auch nichts ändern”, sagt Martin Rares, Analyst beim Agrarmakler KS Agrar (siehe Interview). Von Fortschritten in der Produktions­ technologie können Anleger profitieren, wenn sie zum Beispiel Agrarfonds kau­fen. Denn diese investieren meist nicht in die Rohstoffe, sondern in Unterneh­men der Nahrungsmittelproduktion. Ge­rade diese könnten vom wachsenden Nahrungsmittelbedarf profitieren. So beteiligt sich der Fonds Invest Global Agribusiness der Deutsche-Bank Tochter DWS weltweit an Unternehmen, die zum Beispiel Saatgut oder Düngermittel herstellen: ,,Wir investieren entlang der gesamten Wertschöpfungskette des Agrarmarkts”, sagt Fondsmanager Ralf Oberbannscheidt. Dazu zählen für ihn auch Hersteller von Bewässerungsanlagen oder Nahrungsmittelhändler: ,,Wir setzen dabei weltweit auf Unternehmen, die daran arbeiten, Ineffizienzen in der Nahrungsmittelproduktion abzubauen”, so Oberbannscheidt. Im vergangenen Jahr hat der Fonds kräftig Federn lassen müssen, dafür liegt er seit Jahresanfang dank gut gelaufener Blue Chips mit 50 Prozent im Plus. Schließlich bieten auch Aktien einen guten Inflationsschutz. Interview: Saisonverlauf entscheider FTD: Herr Hares, Anleger kennen die Argumentation:Weltbevölkerung und Fleischkonsum wachsen, die Erde bietet nur begrenzten Platz, deshalb werden die Preise für Agrarrohstoffe langfristig steigen. Warum sehen wir davon nichts? Martin Hares: Wegen der steigenden Nachfrage weiten Bauern weltweit ihre Produktion aus, gleichzeitig werden die Anbaumethoden effi-zienter. Gerade in den Schwellen­ ländern schlummern noch deutli­che Reserven. Es ist denkbar, dass die Landwirtschaft die Weltbevöl­kerung eines Tages nicht mehr ernähren kann, absehbar ist eine solche Entwicklung für die kommenden Jahre aber nicht. FTD Zuletzt haben die Preise deutlich nachgegeben, Anfang 2008 gab es Rekordpreise zum Beispiel bei Getreide. Wie kommt es zu solchen Preissprüngen? Hares Agrarmärkte funktionieren allein nach saisonalen Gesichtspunkten. In Abhängigkeit von den Preisen der Vorsaison entscheiden die Landwirte, wovon sie wie viel anbauen. Der Rest hängt von der Wetterlage ab. Längerfristige Prognosen zur Preisentwicklung sind deshalb absolut unmöglich. FTD ,,Gegessen wird immer”, so lautet eine populäre Anlegerregel. Ist die Preisentwicklung tatsächlich unabhängig von der Konjunktur-entwicklung? Hares Bei Grundnahrungsmitteln wie Getreide und Getreideprodukten sicherlich. Dennoch passen die Menschen ihre Essgewohnheiten an. Sie kaufen zum Beispiel in schlechten Zeiten weniger teure Fleischprodukte. Das belegen weltweit rückläufige Produktionszahlen aus der Veredellungswirtschaft. Ein massives Engagement von Spekulanten und der abrupte Abzug von Kapital in der Krise haben die Konjunkturabhängigkeit noch verstärk. FTD Treibt denn der Biomasse Boom die Preise? Hares Kaum. Die Bedeutung der nachwachsenden Rohstoffe ist weltweit ehr nachrangig. Nur in den USA gibt es bislang einen nennenswerten Maisverbrauch für die Ethanolproduktion. Die anderen Industrienationen halten sich deutlich zurück, entsprechen gering ist der Einfluss der Biomasse auf die Agrarpreise. Daran dürfte sich auch so schnell nichts ändern. Denn die Staaten werden andernfalls eingreifen, um Nahrungsmittel günstig zu halten.

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