Vortrag: Experte Lars Kuchenbuch erklärt, welche Risiken an der Warenterminbörse auf Landwirte lauern
Münchberg– Mit Interesse und vielfach ungläubigem Staunen nahmen die etwa 200 Mitglieder der Raiffeisen-Trocknungs genossenschaft Münchberg und Umgebung den Vortrag „Warenterminbörse eine Möglichkeit der Preissicherung auch für Landwirte” von Lars Kuchenbuch auf. Der Geschäftsführer von KS-Agrar GmbH, bei der Deutschen Bank zum Finanzassistenten ausgebildet, kennt dieses Metier genau. Als Abwickler bei Soufflet Negoce S.A. in Frankreich, bei der CGB in Mount Vemon (USA) sowie als Telefonhändler bei Tenco an der größten Warenterminbörse der Welt, der Chicago Board of Trade (CBoT), kennt er alle Unwägbarkeiten bei diesem Geschäft genau. Fast rund um die Uhr wird an den Börsen- weltweit mit Weizen und Soja gehandelt.
Allein in Chicago werden im Jahr 600 Millionen Kontrakte mit jeweils Hundert Tonnen pro Kontrakt gehandelt. Das errechnete Handels-volumen beträgt hier 60 Milliarden Tonnen, bei einer Weltproduktion von jährlich zwei Milliarden Tonnen Getreide und 400 Millionen Tonnen Ölsaaten. ,,Dies bedeutet, dass die Welternte volumenmäßig 25 Mal gedreht wirdl”. Innerhalb eines Tages, so der Experte, gingen mehr als 1400 Meldungen aus dem Agrarbereich über den Ticker, viele von ihnen können zu Preisschwankungen führen. Gründe dafür seien die Freigabe der Märkte (weniger Staat, mehr Markt), die Zunahme der Produktivität in den ehemaligen Oststaaten, Verschiebungen in der Angebots- und Nachfrage-Situation, geplanter Wegfall von Exporterstattungen, Veränderungen der lnterventionskriterien, die Nachfrage nach erneuerbaren Energien, Spekulationen von Marktteilnehmern, Strukturveränderungen bei den landwirtschaftlichen Betrieben, Investment banken als Anleger und nicht zuletzt die Wetterkapriolen, die in den vergangenen Jahren ständig zunahmen.
Dadurch, so der Referent weiter, seien auch die Marktpreise beein flusst worden. Am Beispiel des Brotweizens machte Kuchenbuch die Risiken für den Landwirt deutlich. In den vergangenen Jahren habe sich hier der Preis zwischen 100 und 120 Euro für eine Tonne bewegt. Bis Ende September stieg er auf 300 Euro an, um dann bis zum November wie der abzubröckeln. Die Meldung ,,in Argentinien könnten eventuell Frostschäden zu Ernteausfällen führen” ließ den Kurs des Weizens wieder ansteigen. Deshalb müsse sich der Bauer fragen, ob er eventuell mJt 230 Euro verkauft, oder wartet, um dann eventuell mit 260 Euro verkaufen zu können und sich dann schließlich mit 180 Euro zufrieden geben müsse. ,,Der Bauer ist vom Tag des Saatgut kaufs bis zum Zeitpunkt des Verkaufs ein Spekulant”, so der Referent.
Auch innerhalb der EU müsse man sich jedes Jahr auf neue Warenströme einrichten. So hatten die Bauern in den neuen Ländern befürchtet, dass die Polen mit ihrem EU-Beitritt ihren Markt mit Getreide über schwemmen würden, dann sei es aber ganz anders gekommen. ,,Die Polen kauften das Getreide in Deutschland.” Wie unberechenbar die Märkte seien, zeige die Tatsache, dass die USA dieses Jahr erstmals 25000 Tonnen EU-Weizen in Deutschland kauften. ,,So etwas hat es noch nie gegeben.” Der Landwirt müsse deshalb wie ein Kaufmann denken, Preisrisiken ab sichern und das Gefühl für den richtigen Verkaufszeitpunkt haben, sonst könne die Arbeit für ein ganzes Jahr umsonst gewesen sein.