Terminmärkte erfolgreich nutzen

Warentermingeschäfte zur Absicherung von Preisen – etwa für Weizen, Raps oder auch Schweine – sind eine gute Möglichkeit, die Risiken im Unternehmen einzugrenzen. Allerdings gilt es dabei aus Sicht des Landwirtes auch einiges zu beachten (Martin Hares, KS Agrar GmbH).

Oft konzentriert man sich bei der Vermarktung zu sehr auf die aktuellen Marktentwicklungen. Das Schielen auf maximale Abgabepreise und hohe Verkaufserträge kann aber zu Fehlentscheidungen führen. Gerade in den letzten beiden Jahren konnte man beobachten wie die Vermarktung in Erwartung weiter steigender Preise schlichtweg vergessen wurde. Nicht das Wetten auf Preisspitzen wird zukünftig entscheidend sein sondern vielmehr die Frage: Wie können Vermarktungsgewinne und damit das Einkommen stabilisiert und Risiken eingrenzt werden?

Vermarktung auf sollides Fundament stellen

Dabei steht nicht die Marktentwicklung am Anfang der Betrachtung sondern die betriebswirtschaftliche Ausgangssituation. Die innerbetriebliche Kostenstruktur und die Liquiditätsplanung müssen die Entscheidungsgrundlage jeder Vermarktungsaktivität bilden (siehe nebenstehende Übersicht). Ein wichtiger Faktor ist die Kostenseite. Verkäufe von Getreide werden dann für den Landwirt interessant, wenn die gesamten Kosten der Produktion (variable sowie Fixkosten) gedeckt sind. Eine wichtige Kennzahl sind die Vollkosten je Produktionseinheit. Liegt der Verkaufspreis über diesen Kosten, wird ein positiver Unternehmensgewinn aus dem Verkauf des jeweiligen Produktes erwirtschaftet. Deshalb sollten zumindest Teilverkäufe oder eine Absicherung über die Börse in Betracht gezogen werden, sobald sich der Marktpreis über diesem Break Even Punkt befindet (siehe Abbildung).

Damit der Betrieb keinen Liquiditätsengpässen ausgesetzt ist, muss darüber hinaus klar sein, wann welche wichtigen Zahlungsströme (Pachtzahlung/ Einkauf Betriebsmittel) anfallen. Es kann nicht das Ziel eines ökonomisch agierenden Betriebsleiters sein, auf der einen Seite auf steigende Getreidepreise zu warten man könnte auch wetten sagen und auf der anderen Seite Liquiditätsengpässe zu riskieren. Nicht nur bei Thomas Manns Buddenbrooks sollte die Maxime gelten: „Mein Sohn, sey mit Lust bey den Geschäften am Tage, aber mache nur solche, daß wir bey Nacht ruhig schlafen können.“

Sind die betriebswirtschaftlichen Faktoren bekannt, kann man sich dem Markt und den möglichen Vermarktungsstrategien widmen. Neben dem direkten Verkauf oder dem Abschluss von Lieferverträgen stellen Terminmarktgeschäfte eine interessante Option dar und zwar in Form von Hedging (Preisabsicherung).
Im Unterschied zum klassischen Vorvertrag, wo in aller Regel die physische Lieferung erfolgt, hat der überwiegende Teil der an den Terminmärkten Handelnden gar kein Interesse daran, das dem Future (Warenterminkontrakt) zugrundeliegende Handelsgut auch tatsächlich physisch zu liefern. Die Börse bietet dem Halter eines Futures deshalb die Möglichkeit, durch Tätigen eines Gegengeschäftes die Position glatt zu stellen und damit die Verpflichtungen der Verkaufsposition jederzeit und in vollem Umfang aufzulösen.

Bei einem klassischen Absicherungsgeschäft (Short-H edge) beispielsweise verkauft der Landwirt Futures am Terminmarkt und kauft diese später wieder zurück (Tabelle 1). Der Warenterminkontrakt dient ihm also nur zur Absicherung des Preises. Die Ware wird er nach wie vor am Kassamarkt, also dem Händler oder auch der Mühle verkaufen.

Preisrisiken wirkungsvoll mindern

Es ist unbestritten die Hauptaufgabe des Hedge, durch den Futureshandel Preisrisiken wirkungsvoll zu begegnen. Auf den lokalen Märkten kann es durchaus vorkommen, dass von Seiten der aufnehmenden Hand zeitweise kein Kaufinteresse besteht. Gerade bei fallenden Märkten ist dies öfter der Fall, da Käufer dann meist nur sehr verhalten agieren. Da am Terminmarkt aber jederzeit gehandelt werden kann, lässt sich
das Risiko, dass der physische Markt (etwa der lokale Landhändler) nicht bereit ist die Ware zu kaufen, umgehen, indem man sich gegen fallende Preise an der Terminbörse absichert. Im Gegensatz zu starren Lieferverträgen ist die Preissicherung über den Terminmarkt zudem flexibler. Bei einem Liefervertrag sind der Zeitpunkt der Warenübergabe und das Zahlungsziel fix. Bei der Preissicherung über den Terminmarkt können der Verkauf der Ware und die Auflösung des Futureskontraktes jederzeit erfolgen und so flexibel auf sich ändernde Liquiditätsbedürfnisse angepasst werden.

Das Geheimnis der Margin

Um ein Termingeschäft möglichst komplikationslos abzuwickeln, gilt es jedoch einiges zu beachten. Beispielsweise die Margin, die monetäre Konsequenzen für denjenigen hat, der ein Termingeschäft eingegangen ist. Die Margin wird von der Clearingstelle vorgegeben, der übergeordneten Kontroll- und Koordinierungsinstitution der Warenterminbörse. Eine solche Stelle ist notwendig, weil an der Börse nie zwei Marktakteure bei Kauf oder Verkauf eines Futures direkt in Verbindung treten. Die Clearingstelle tritt somit als passiver Vertragspartner zwischen Käufer und Verkäufer. Da also kein direkter Vertrag zwischen Verkäufer und Käufer zustande kommt, übernimmt diese Stelle auch mögliche Ausfall- oder Bonitätsrisiken der Vertragsparteien. Aus diesem Grund werden von Seiten der Börse für den Handel mit Terminkontrakten Sicherheitsleistungen gefordert. Diese werden als Margin bezeichnet. Bei Abschluss eines Warenterminkontraktes wird eine Sicherheitsleistung fällig. Diese Einschussmargin (Initialmargin) soll Risiken, die auf Seiten der Börse und des Brokers liegen, reduzieren. Diese Initialmargin beträgt derzeit an der Euronext für einen Rapskontrakt (50 t) 1.100 €. Bei Notierungen, die bei etwa 310 Euro/t liegen, bedeutet das, dass 7 % des tatsächlichen Warenwertes auf dem Konto, das man bei seinem Broker unterhält, hinterlegt werden müssen. Es ist allerdings ratsam, über weitere Liquiditätsreserven zu verfügen. Denn der Warenterminkontrakt wird kontinuierlich, d.h. täglich zum aktuellen Marktpreis bewertet. Gewinne aber auch Verluste werden auf dem Konto direkt erfasst. Das Konto muss immer so ausgeglichen
sein, dass mindestens der Wert der Initialmargin verfügbar ist. Der Wert des Margin-Kontos entspricht demnach stets der Summe aus dem „Initialmargin“ plus tägliche Gewinne sowie minus aller täglichen Verluste über alle gehaltenen offenen Positionen.

Verkauft ein Landwirt beispielsweise vier Rapskontrakte an der Euronext um seine Ernte abzusichern, muss er 4.400 € auf seinem Konto
hinterlegen, das er bei seinem Broker unterhält (Tabelle 2, S. 24). Angenommen am Handelstag der Positionseröffnung fallen die Rapsnotierungen um 5 €/t. Da der Landwirt eine Short-Position eingegangen ist, d.h. einen Rapskontrakt verkauft hat, bekommt er auf
einem Konto 1.000 € (4 Kontrakte a 50 t x 5 €) gutgeschrieben. Steigt der Kurs entgegen aller Erwartungen um 5 €/t, werden 1.000 € Verlust verbucht, die der Landwirt auf seinem Margin-Kontobis zum nächsten Tag hinterlegen muss (Tabelle 2). Für die Absicherungsposition des Landwirts (Short Hedge) bedeutet das, dass zusätzlich Liquidität bereitgehalten werden muss. In der Praxis geht man davon aus, dass zu Beginn eines Hedgegeschäftes die Margin-Auslastung höchstens 50 % betragen sollte. In unserem Beispiel bedeutet das, dass neben der Initialmargin von 4.400 € zusätzlich noch einmal 4.400 € bereitgehalten werden sollten. Damit hinterlegt man bei seinem Broker eine Art Puffer, um bei einer negativen Preisentwicklung (Short-H edge: die Notierungen steigen) die Verluste auch auffangen zu können. Eine regelmäßige Überprüfung der Markt- und Positionsentwicklung wird dadurch unabdingbar. Da auf dem Konto lediglich ein Teil des tatsächlichen Kontraktwertes hinterlegt ist, aber der Gewinn/Verlust des gesamten Kontraktes direkt verbucht wird, spricht man in Börsenkreisen von einer Hebelwirkung (Leverage).

Auf Ernte- und Qualitätsausfälle rechzeitig reagieren

Gerade wenn langfristige Preissicherungen betrieben werden, die weit vor der Ernte oder gar der Aussaat liegen, ist es ratsam einige weitere Punkte zu beachten. Durch das Produktionsrisiko entsteht immer eine zusätzliche Unsicherheit. Mit welcher Erntemenge soll kalkuliert werden und was passiert bei Qualitätseinbußen? Führen Auswinterungen oder Trockenheit im Frühjahr zu einer weitaus kleineren Ernte als kalkuliert, kann die Position am Terminmarkt einen quasi spekulativen Anteil enthalten. Nämlich dann, wenn ein Teil der verkauften Futures
nicht mehr mit physisch vorhandener Ware gedeckt ist und Verluste am Terminmarkt nicht mehr durch Gewinne am physischen Markt ausgeglichen werden können. Dies stellt aber nur dann ein Problem dar, wenn die Situation nicht erkannt wird und die Position am Terminmarkt nicht entsprechend angepasst wird. Auch wird allgemein empfohlen, nicht die gesamte geplante Ernte am Terminmarkt abzusichern.

Ähnlich verhält es sich mit Qualitätsproblemen. Eine verregnete Ernte kann unter Umständen dazu führen, dass der geplante B-Weizen nur noch Futterqualität erreicht. Die dem Weizenkontrakt an der Euronext zugrunde liegenden Qualitätsparameter stimmen nicht mehr mit der produzierten Ware überein. Auch in diesem Fall gilt es die Absicherungsposition am Terminmarkt neu zu überdenken. Da der Landwirt in der Regel den Warenterminkontrakt nicht auslaufen lässt, ihn also auch nicht direkt beliefern wird, fällt der tatsächliche Qualitätsunterschied nicht stark ins Gewicht. Man muss aber beachten, dass sich die Basis ändert. Die Notierungen für Mahlweizen an der Euronext und der Kassamarkt für B-W eizen in Deutschland laufen relativ gleichgerichtet. Auch der Futterweizen unterliegt ähnlichen Preisdeterminanten wie der B-Weizen und die Absicherungseigenschaft bleibt bestehen. Lediglich die Effizienz des Hedge verringert sich und das Basisrisiko steigt an. Die Absicherungsposition muss nun neu bewertet und den geänderten Bedingungen angepasst werden. In beiden Fällen besitzt die Preissicherung über den Terminmarkt einen entscheidenden Vorteil gegenüber dem Vor- oder Liefervertrag: Es kann flexibel auf die sich ändernden Rahmenbedingungen reagiert werden.

Fazit: Betreibt man eine Preissicherung über den Terminmarkt, die auf der Kostenrechnung und der Liquiditätsplanung beruht, ist die Marktentwicklung eher zweitrangig. Wichtig ist, sicher zu stellen, dass die Kosten der Produktion gedeckt sind und ein positiver Unternehmergewinn durch die Preissicherung entsteht. Aus dieser Sicherheit heraus kann man der aktuellen Marktentwicklung wesentlich gelassener entgegentreten. Auch für die Absicherung über den Terminmarkt gilt jedoch: Nicht alles auf eine Karte setzen. Vielmehr sollte das Hedge-Geschäft als ein integraler Baustein der Vermarktungsstrategie betrachtet werden, das auf einer soliden betriebswirtschaftlichen Entscheidung beruhen muss.

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Broker reagieren auf den fallenden Weizenpreis an der Börse. HRW-Weizen US-Mais Futures-Märkte Internationale Getreiderat

Fallende Preise am Rohstoffmarkt: Eine Analyse

Die Preise für HRW-Weizen und US-Mais sind stark gefallen und haben ihre Tiefstände erreicht. Dieser Trend wird sowohl von den Futures-Märkten als auch von den aktuellen Erntebedingungen beeinflusst.

Bauern als Kaufleute und Spekulanten

Vortrag: Experte Lars Kuchenbuch erklärt, welche Risiken an der Warenterminbörse auf Landwirte lauern Münchberg– Mit Interesse und vielfach ungläubigem Staunen nahmen die etwa 200 Mitglie­der der Raiffeisen-Trocknungs­ genossenschaft Münchberg und  Umgebung den Vortrag „Warenterminbörse eine Möglichkeit der Preissicherung auch für Landwirte” von Lars Kuchenbuch auf. Der Ge­schäftsführer von KS-Agrar GmbH, bei der Deutschen Bank zum Finanzassistenten ausge­bildet, kennt dieses Metier ge­nau. Als Abwickler bei Soufflet Negoce S.A. in Frankreich, bei der CGB in Mount Vemon (USA) sowie als Telefonhändler bei Tenco an der größten Wa­renterminbörse der Welt, der Chicago Board of Trade (CBoT), kennt er alle Unwägbarkeiten bei diesem Geschäft genau. Fast rund um die Uhr wird an den Börsen- weltweit mit Weizen und Soja gehandelt. Allein in Chicago werden im Jahr 600 Millionen Kontrakte mit jeweils Hundert Tonnen pro Kontrakt gehandelt. Das er­rechnete Handels-volumen be­trägt hier 60 Milliarden Ton­nen, bei einer Weltproduktion von jährlich zwei Milliarden Tonnen Getreide und 400 Mil­lionen Tonnen Ölsaaten. ,,Dies bedeutet, dass die Welternte volumenmäßig 25 Mal gedreht wirdl”. Innerhalb eines Tages, so der Experte, gingen mehr als 1400 Meldungen aus dem Agrarbereich über den Ticker, viele von ihnen können zu Preisschwankungen führen. Gründe dafür seien die Freigabe der Märkte (weniger Staat, mehr Markt), die Zunahme der Produktivität in den ehemali­gen Oststaaten, Verschiebun­gen in der Angebots- und Nachfrage-Situation, geplanter Wegfall von Exporterstattungen, Veränderungen der lnter­ventionskriterien, die Nachfra­ge nach erneuerbaren Energien, Spekulationen von Marktteil­nehmern, Strukturveränderungen bei den landwirtschaftli­chen Betrieben, Investment­ banken als Anleger und nicht zuletzt die Wetterkapriolen, die in den vergangenen Jahren ständig zunahmen.  Dadurch, so der Referent weiter, seien auch die Marktpreise beein­ flusst worden. Am Beispiel des Brotweizens machte Kuchenbuch die Risiken für den Landwirt deutlich. In den vergangenen Jahren ha­be sich hier der Preis zwischen 100 und 120 Euro für eine Ton­ne bewegt. Bis Ende September stieg er auf 300 Euro an, um dann bis zum November wie­ der abzubröckeln. Die Meldung ,,in Argentinien könnten even­tuell Frostschäden zu Ernteaus­fällen führen” ließ den Kurs des Weizens wieder ansteigen. Des­halb müsse sich der Bauer fra­gen, ob er eventuell mJt 230 Euro verkauft, oder wartet, um dann eventuell mit 260 Euro verkaufen zu können und sich dann schließlich mit 180 Euro zufrieden geben müsse. ,,Der Bauer ist vom Tag des Saatgut­ kaufs bis zum Zeitpunkt des Verkaufs ein Spekulant”, so der Referent. Auch innerhalb der EU müs­se man sich jedes Jahr auf neue Warenströme einrichten. So hatten die Bauern in den neu­en Ländern befürchtet, dass die Polen mit ihrem EU-Beitritt ihren Markt mit Getreide über­ schwemmen würden, dann sei es aber ganz anders gekommen. ,,Die Polen kauften das Getrei­de in Deutschland.” Wie unberechenbar die Märkte seien, zei­ge die Tatsache, dass die USA dieses Jahr erstmals 25000 Tonnen EU-Weizen in Deutschland kauften. ,,So etwas hat es noch nie gegeben.” Der Landwirt müsse deshalb wie ein Kauf­mann denken, Preisrisiken ab­ sichern und das Gefühl für den richtigen Verkaufszeitpunkt ha­ben, sonst könne die Arbeit für ein ganzes Jahr umsonst gewe­sen sein.

Wackeln im Sturm

Wetterkapriolen und die Launen der Terminhändler lassen die Rendite einer Anlage in Agrarrohstoffe stark schwanken Wenn Anleger in Agrarrohstoffe investieren, liegen Freud und Leid oft nah beieinander. Wäh­rend der Preis für Zucker sich seit Jahres­anfang verdoppelt hat, sind Mais und Weizen nach zwischenzeitlichen Preis­ anstiegen rund 20 Prozent ins Minus ge­rutscht. Ungewöhnlich ist das nicht, die Preise für Agrarrohstoffe schwanken stärker als etwa Aktienkurse. Beispiel Mais: Bauern in den USA haben in die­sem Jahr offensichtlich deutlich mehr Mais angebaut, als die Märkte erwartet hatten. Außerdem verspricht die Wetterlage bislang gute Ernteerträge. Deshalb der Preisrutsch. Das Blatt könnte sich allerdings schon bald wieder wenden: ,,Ein Kälteeinbruch in den USA im Sep­tember würde die Ernte dezimieren und die Preise entsprechend steigen lassen”, sagt Carsten Fritsch, Rohstoffanalyst bei der Commerzbank. In wirtschaftlich unsicheren Zeiten empfehlen Anlageberater gern, Roh­stoffe als alternative Investments zu Aktien und Renten im Portfolio stärker zu gewichten. Gerade bei zunehmenden In­flationssorgen sollen Sachwerte das Vermögen vor Geldentwertung schützen. Neben klassischen Rohstoffinvestments wie Industriemetallen geraten dabei auch immer wieder Agrargüter ins Blickfeld. Dazu zählen Ausgangspflanzen für Grundnahrungsmittel wie Weizen, Mais, Raps und Soja. Hinzu kommen Genuss­ mittel wie Kaffee, Kakao und Zucker. Wer sich solche Rohstoffe ins Portfolio legt, kauft sich damit allerdings einen nervenaufreibenden Inflationsschutz ein. Und selbst wenn er die Achterbahn fahrt der Agrarpreise über längere Zeit durchhält, wird er nicht automatisch be­lohnt. Anleger, die etwa zu Beginn des neuen Jahrtausends in einen Korb aus Agrarrohstoffen investiert haben, liegen heute mit rund 30 Prozent im Minus. Wer zwei Jahre später eingestiegen ist, schreibt immerhin eine schwarze Null. Im selben Zeitraum haben die Preise von Industriemetallen um fast 200 Pro­zent zugelegt. ,,Dafür war vor allem der Strukturwandel in China verantwort­lich”, sagt Fritsch. Ähnliche strategische Szenarien entwerfen Anlageberater auch für die Agrarrohstoffe: Ein Anstieg der Weltbevölkerung bei gleichzeitig be­grenzten Anbauflächen könnte die Preise für Agrarrohstoffe steigen lassen. Hinzu käme ein wachsender Lebensstandard in den Schwellenländern mit einem größe­ren Bedarf an landwirtschaftsintensiven Produkten wie Fleisch und Milch. ,,Bis­ lang haben solche Entwicklungen die Preise auf den Agrarmärkten aber nicht nachhaltig steigen lassen. Daran dürfte sich kurzfristig auch nichts ändern”, sagt Martin Rares, Analyst beim Agrarmakler KS Agrar (siehe Interview). Von Fortschritten in der Produktions­ technologie können Anleger profitieren, wenn sie zum Beispiel Agrarfonds kau­fen. Denn diese investieren meist nicht in die Rohstoffe, sondern in Unterneh­men der Nahrungsmittelproduktion. Ge­rade diese könnten vom wachsenden Nahrungsmittelbedarf profitieren. So beteiligt sich der Fonds Invest Global Agribusiness der Deutsche-Bank Tochter DWS weltweit an Unternehmen, die zum Beispiel Saatgut oder Düngermittel herstellen: ,,Wir investieren entlang der gesamten Wertschöpfungskette des Agrarmarkts”, sagt Fondsmanager Ralf Oberbannscheidt. Dazu zählen für ihn auch Hersteller von Bewässerungsanlagen oder Nahrungsmittelhändler: ,,Wir setzen dabei weltweit auf Unternehmen, die daran arbeiten, Ineffizienzen in der Nahrungsmittelproduktion abzubauen”, so Oberbannscheidt. Im vergangenen Jahr hat der Fonds kräftig Federn lassen müssen, dafür liegt er seit Jahresanfang dank gut gelaufener Blue Chips mit 50 Prozent im Plus. Schließlich bieten auch Aktien einen guten Inflationsschutz. Interview: Saisonverlauf entscheider FTD: Herr Hares, Anleger kennen die Argumentation:Weltbevölkerung und Fleischkonsum wachsen, die Erde bietet nur begrenzten Platz, deshalb werden die Preise für Agrarrohstoffe langfristig steigen. Warum sehen wir davon nichts? Martin Hares: Wegen der steigenden Nachfrage weiten Bauern weltweit ihre Produktion aus, gleichzeitig werden die Anbaumethoden effi-zienter. Gerade in den Schwellen­ ländern schlummern noch deutli­che Reserven. Es ist denkbar, dass die Landwirtschaft die Weltbevöl­kerung eines Tages nicht mehr ernähren kann, absehbar ist eine solche Entwicklung für die kommenden Jahre aber nicht. FTD Zuletzt haben die Preise deutlich nachgegeben, Anfang 2008 gab es Rekordpreise zum Beispiel bei Getreide. Wie kommt es zu solchen Preissprüngen? Hares Agrarmärkte funktionieren allein nach saisonalen Gesichtspunkten. In Abhängigkeit von den Preisen der Vorsaison entscheiden die Landwirte, wovon sie wie viel anbauen. Der Rest hängt von der Wetterlage ab. Längerfristige Prognosen zur Preisentwicklung sind deshalb absolut unmöglich. FTD ,,Gegessen wird immer”, so lautet eine populäre Anlegerregel. Ist die Preisentwicklung tatsächlich unabhängig von der Konjunktur-entwicklung? Hares Bei Grundnahrungsmitteln wie Getreide und Getreideprodukten sicherlich. Dennoch passen die Menschen ihre Essgewohnheiten an. Sie kaufen zum Beispiel in schlechten Zeiten weniger teure Fleischprodukte. Das belegen weltweit rückläufige Produktionszahlen aus der Veredellungswirtschaft. Ein massives Engagement von Spekulanten und der abrupte Abzug von Kapital in der Krise haben die Konjunkturabhängigkeit noch verstärk. FTD Treibt denn der Biomasse Boom die Preise? Hares Kaum. Die Bedeutung der nachwachsenden Rohstoffe ist weltweit ehr nachrangig. Nur in den USA gibt es bislang einen nennenswerten Maisverbrauch für die Ethanolproduktion. Die anderen Industrienationen halten sich deutlich zurück, entsprechen gering ist der Einfluss der Biomasse auf die Agrarpreise. Daran dürfte sich auch so schnell nichts ändern. Denn die Staaten werden andernfalls eingreifen, um Nahrungsmittel günstig zu halten.

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