Die Märkte zur Ernte 2008- eine Prognose
Bei ihrem diesjährigen Vorerntegespräch schaute sich die ZMP Anfang Juni in Berlin mit Marktbeteiligten die Lage auf den Weltmärkten an und wagte einen Ausblick auf die Preise der neuen Ernte. Die Aussichten am Getreidemarkt sind nicht schlecht, obwohl die Erzeugerpreise nach wie vor unter Druck stehen — so skizzierte Martin Schraa die derzeitige Lage auf dem deutschen Getreidemarkt. Schraa ist Referent für Getreide, Ölsaaten und Futtermittel bei der Zentralen Markt- und Preisberichtsstelle (ZMP), die Anfang Juni mit rund 160 Teilnehmern im Berliner Haus der Land- und Ernährungswirtschaft über die Lage vor der Ernte diskutierte. Schraa zufolge hat die Preiskurve ihren Scheitelpunkt erreicht, er rechnet eher mit Seitwärts-, als mit drastischen Bewegungen nach oben oder unten. Der Preis des B-Weizens wird sich seiner Meinung nach konsolidieren, die Wintergerste noch etwas nachgeben und die Sommergerste etwas zulegen. Selbst bei einer guten Ernte bleiben die weltweiten Bestände knapp. Daher rechnet Martin Schraa weiterhin mit einem von Spekulation geprägten Getreidemarkt, der für Preisschwankungen empfänglich bleibt. Vor allem die Spekulanten sieht er als Zünglein an der Waage. Getreideanbau wurde ausgeweitet Auch wenn die Höhe der Erntemengen derzeit ebenfalls noch etwas spekulativ sind, ist die Ausweitung des Anbaus in Deutschland klar. Der Weizenanbau hat um etwa 210 000 Hektar zulegt. Beim Roggen wurde die Fläche um zwölf Prozent bei der Sommergerste um zehn Prozent gegenüber dem Vorjahr ausgedehnt. Beim Raps waren es plus acht Prozent. Wenig Vorverträge wegen fallender Preise Wegen des Preisabfalls hätten die Landwirte in den vergan- genen Wochen wenig Vorkontrakte gemacht, aber vielerorts ihre Lagerkapazitäten ausgebaut, erläuterte Schraa. Bei den Vorkontraktpreisen nannte der Marktexperte bei A-Weizen Erzeugerpreise zwischen 18 und 19,50 Euro pro Dezitonne (€ / dt), bei B-Weizen 17,50 bis 18,50 € / dt, bei Braugerste rund 23,50 / dt und bei Brotroggen zwischen 15 und 16,50 € / dt. Für Raps gab er eine Spanne zwischen 41,50 und 45,50 € / dt an. Die Preise für Ölsaaten sieht er auf höherem Niveau als die Getreidepreise, da bei ersteren der weltweite Vorrat geringer sei. Vor allem die Verarbeitung von Raps sei in Deutschland auf dem Vor- marsch und habe bei der Verarbeitung von Ölsaaten einen Anteil von 70 Prozent, was vor allem an dem Ausbau der Biodieselproduktion liege. Risikomanagement durch Absicherung auf den Warenterminmärkten war eines der vielbesprochenen Themen der vergangenen Monate. Sowohl Landwirte als auch Händler und Verarbeiter beschäftigten sich damit, scheuten aber noch davor zurück, selbst Geschäfte zu tätigen. So berichtete Carsten Becker von der RMX Hannover von immensen Berührungsängsten vieler Marktteilnehmer. Zudem hätten sich viele Landwirte an den steigenden Preisen orientiert und seien sich nicht bewusst gewesen, dass sie wieder nach unten gehen könnten. Außerdem bräuchte es für den Umgang mit Warenterminbörsen eine genaue Strategie, eine solide Finanzierung und die regelmäßige Beschäftigung mit den Kursen. Lars Kuchenbuch von der KS Agrar Mannheim erklärte, dass viele die Preise nicht genutzt hätten, um sich abzusichern, sondern um doppelt zu spekulieren. Andere wiederum ließen die Finger ganz von den Börsen. „Entweder machen sie‘s voll oder gar nicht,“ lautete seine Einschätzung. Wie schwierig mitunter das Verhältnis zwischen den Erzeugern und Abnehmern der landwirtschaftlichen Produkte ist, wurde in der Diskussion deutlich. So forderte etwa Wolfgang Vogel, Präsident des sächsischen Bauernverbandes, dass der Handel seine Preisfindung transparenter gestalten sollte. „Aber für uns ist maßgebend, was uns unsere regionalen Erzeuger an Qualität und Quantität bringen,“ setzte Michael Gutting, Geschäftsführer der Saalemühle Alsfeld in Sachsen-Anhalt, entgegen. „Wir freuen uns, wenn die Erzeuger ordentlich verdienen.“ „Uns geht es als Bauern um den regionalen Markt,“ unterstrich Wolfang Vogel die Lage der Landwirte und bekräftigte seine Haltung, wonach Handel und Verarbeiter das Preisniveau drückten. „Wenn ich jeden Tag produzieren muss, vor Ort aber keine Ware da ist, muss ich mich eben umschauen und eventuell im Nachbarland einkaufen,“ lautete der Einwand von Ernst Bielefeldt von ATR Landhandel in Ratzeburg. Dabei habe er kein Interesse an niedrigen oder hohen Preisen, sondern einzig an seiner Gewinnmarge. Für Bielefeldt drückt vielmehr der Lebensmitteleinzelhandel die Preise. An seine Meinung knüpfte sich die Aussage des ZMP-Geschäftsführer Ralf Goessler an. Dieser ermahnte die Landwirte, den Verbrauchern klar zu machen, was ihr Kaufverhalten bewirke. „Die Verbraucher haben keine Vorstellung davon, was für ein logistischer Aufwand die tägliche Versorgung mit Nahrungsmitteln ist,“ ist Goessler überzeugt. Preisschätzungen zur neuen Ernte Den Raps sieht Bielefeldt zu Ernte bei 43 € / dt. Erhält eine Preissteigerung aber für möglich. Für den Weizen rechnet er ex Ernte mit 20 € / dt plus- minus zehn Prozent. Höher prognostizierte Vogel den Weizenpreis, den er bei 23 € / dt sieht, mit einer Abweichung von zehn Prozent nach unten oder oben. Für den Raps hält er 40 € / dt plusminus 20 Prozent für realistisch. Michael Gutting schätzte beim E-Weizen 22 bis 23 € / dt und beim B-Weizen 17,50 bis 20 € / dt. Dabei entspreche das Preisniveau des B-Weizens dem des A-Weizens. Die Prognosen für die neue Ernte liegen gut: Für Weichweizen werden in der EU bis zu 129,1 anstatt der rund 112 Millionen Tonnen erwartet. Auch bei Gerste, Roggen und Hafer werden Steigerungen erwartet. Beim Mais sollen es auf dem Kontinent sogar bis zu 59 Millionen Tonnen anstatt der 48 Millionen Tonnen des Vorjahres werden.
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